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In der Spätantike entstehen zahlreiche Texte, in denen Autoren sich selbst, ihr Leben und die eigene Ich-Werdung zum Thema machen. Diese Texte über das eigene Ich sind jedoch nicht als Abbildungen empirisch erfassbarer Lebenswirklichkeit zu verstehen, sondern vielmehr als Reflexionsinstanzen. So kann ein schreibendes Subjekt sich selbst durch die literarische Tätigkeit im Text hervorbringen und nach seinem eigenen Selbst-Verständnis gestalten. Welche Verfahren der literarischen Selbst-Konstruktion einem Dichter zur Verfügung stehen und wie diese im Rahmen spätantiker Poetik und Gattungsfragen einzuordnen sind, wird an ausgewählten autobiographischen Gedichten des Ausonius, Paulinus von Nola und Paulinus von Pella vergleichend aufgezeigt. Fragen nach der narrativen Gestaltung von Lebensläufen, der Autorisierung zum Dichten über das eigene Ich und der Selbst-Positionierung eines Dichters im sozialen Raum stehen im Zentrum der Studie. Im Spannungsfeld zwischen paganer Literaturtradition und christlichen Identitätsdiskursen erweist sich das Schreiben über das eigene Ich als Mittel der Selbst- und Welterklärung, der Krisenbewältigung in einer Zeit politischer wie religiöser Umbrüche und schließlich als Instrument zur Erschaffung poetischer Autorität.