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Tropen sind Produkte einer innerhalb der mittelalterlichen Kirche weitverbreiteten Praxis, die herkömmlichen und durch religiöse Autorität beglaubigten Gesänge des Ritus poetisch und melodisch zu erweitern, ohne sie dabei verändernd anzutasten. Die Produktion von Tropen setzte in der Karolingerzeit ein. Sie markiert den Übergang von einer passiven zu einer produktiven Aneignung des (von den Karolingern 'gregorianisch' genannten) Römischen Gesangs im Frankenreich. Die im Band II 1 erstmals herausgegebenen Tropen sind in zehn Handschriften französischer Herkunft des 12. bis 15. Jahrhunderts mit Notation auf Linien überliefert. Sechs dieser Handschriften waren bislang als Tropenquellen unbeachtet geblieben. Die Ausgabe beleuchtet das Weiterleben der Tropen in jenen Gebieten westlich des Rheins, wo sie im 9. Jahrhundert aufgekommen waren, und in einer Zeit, in der man sie dort schon wieder für weithin als verschwunden hielt. Zugleich liefern die Liniennotationen der für den Band herangezogenen späteren Handschriften den Schlüssel zu den melodischen Lesarten älterer westfränkischer und insularer Tropenquellen, deren linienlose Neumennotationen erst im Abgleich mit späteren Aufzeichnungen auf Notenlinien diastematisch (bezüglich der Tonabstände und Tonstufen) 'lesbar' werden. Seit die mannigfachen späten Tropentraditionen des deutschsprachigen Raums durch das 1995 von Andreas Haug unter dem Titel 'Troparia tardiva' vorgelegte Repertorium erkennbar geworden sind, wurden weitere Quellen des 12. bis 16. Jahrhunderts aufgefunden, deren Tropen in Band II 2 erstmals herausgegeben werden. Besonders bedeutsam sind zwei neue Quellen aus den Domkirchen zu Halberstadt und Meißen sowie eine, die vielleicht dem Bonner Cassius- Stift zuzuordnen ist. Die Tropentradition im Bistum Würzburg wird melodisch fassbar in einer Handschrift des Kollegiatstifts Haug und beleuchtet von ergänzend ausgewerteten Quellen, darunter, auch buchgeschichtlich interessant, die einzige bekannte notierte Inkunabel mit Tropen.